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17. Dezember 2020 | FPÖ, Europäische Union, Innenpolitik

„Es ist mein Ziel, mit der Partei im kommenden Jahr über die 20-Prozentmarke zu kommen.“

FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer im NFZ-Interview zum Zustand der Partei, der schwarz-grünen Koalition und Europas.

„Es ist mein Ziel, mit der Partei im kommenden Jahr über die 20-Prozentmarke zu kommen.“ - FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer im NFZ-Interview zum Zustand der Partei, der schwarz-grünen Koalition und Europas.

Foto: FPÖ

Herr Bundesparteiobmann, hätte die Partei angesichts der aktuellen Entwicklungen doch nicht Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP verweigern sollen? Denn die Grünen sind mit der Situation hoffnungslos überfordert, und die ÖVP macht, was sie will.

Hofer: Wir haben das nicht von uns aus ausgeschlossen. Wir haben gesagt, dass wir aufgrund des Wahlergebnisses nicht diejenigen sind, die in die Regierung drängen. Es war dann die Entscheidung der ÖVP, mit uns keine Koalitionsverhandlungen zu führen. Als sich eine Koalition mit den Grünen abzeichnete, habe ich die ÖVP aufgefordert, diesen Irrweg zu verlassen. Mit der FPÖ in der Regierung hätte Österreich die Corona-Krise besser gemeistert, da wir schneller reagiert und andere Maßnahmen ergriffen hätten.

Was hätte die FPÖ als Regierungspartner anders gemacht?

Hofer: Wir hätten die Menschen nicht aus dem öffentlichen Raum hinausgedrängt. Wir hätten ein öffentliches Leben, ein Wirtschaften, den Arbeitsmarkt und ein kulturelles Leben weiter möglich gemacht – unter Regeln. Damit hätte es auch diesen Schaden nicht gegeben. Und wir hätten sofort alles darangesetzt, um die Heeresspitäler zu reaktivieren. Wir wären in einer Regierung über den Sommer nicht untätig geblieben – so wie es die jetzige Regierung getan hat. Aus meiner Sicht trägt diese Regierung seit ihrem Bestehen den Keim des Scheiterns in sich.

Halten Sie es noch für möglich, dass die FPÖ oder die Opposition diese Regierung noch zu einem Kurswechsel bewegen kann? Denn die Grünen wollen – unbeabsichtigt oder nicht – immer mehr Kontrolle über die Bürger, und die ÖVP redet sowieso schon einem Impfzwang das Wort.

Hofer: Ich glaube, dass wir gegen den Impfzwang Druck aufbauen können. Es gibt – bis jetzt – nur sehr wenige, die für einen Impfzwang sind. Und dass man jetzt schon in den Raum stellt, Impfverweigerern Sozialleistungen zu kürzen, dass diese Geschäfte oder kulturelle Veranstaltungen nicht besuchen dürfen, dass es für sie Verwaltungsstrafen geben soll oder sie – wie in Salzburg angekündigt – nicht mehr im öffentlichen Dienst aufgenommen werden dürfen, das zeigt, wohin die Reise geht.

Weshalb glauben Sie, sind die Österreicher bezüglich der Impfung derart skeptisch - gerade ein Drittel ist derzeit bereit, sich impfen zu lassen?

Hofer: Das ist ein neuer Impfstoff, zu dem es wegen des politischen Drucks auf die Hersteller keine Langzeitstudien zu Nebenwirkungen gibt, die sogar von Experten befürchtet werden. Ich weiß als Pilot, dass Piloten nach einer Impfung 48 Stunden nicht fliegen dürfen. Aber nachdem es keine wissenschaftlich fundierten Belege zu Langzeitfolgen gibt, muss man jeden verstehen, der sagt: Dieses Risiko gehe ich für mich, meine Familie, meine Kinder nicht ein. Und genau dort werden wir den Druck auf die Regierung aufbauen, wenn sie den Weg des Impfzwangs gehen will, weil sich ihrem Aufruf zur freiwilligen Impfung zu wenige anschließen wollen. Wenn die Regierung dann den Weg der Zwangsimpfung gehen will, dann prophezeie ich, dass es den größten zivilen Ungehorsam und die größten Demonstrationen geben wird, die diese Zweite Republik je gesehen hat. Denn vom Impfzwang ist jeder persönlich betroffen und viel eher bereit, auf die Straßen zu gehen, als zu anderen Themen.

Könnten Sie sich vorstellen, diesen Druck über ein öffentliches Hearing zu dem Impfstoff aufzubauen, bei dem die Regierung und der Hersteller alles über den Impfstoff offenlegen müssen, für das die Hersteller ja – laut Vertrag mit der EU – keine Haftung übernehmen müssen?

Hofer: Das Problem ist, egal welche Publikationen man liest, dass kein Wissenschafter eine Auskunft über eventuelle Langzeitfolgen geben kann. Mit dieser Eilzulassung wurde jede fachlich fundierte Diskussion de facto verunmöglicht. Das nächste Problem ist dann, dass man damit eine Tür aufstößt für die Behandlung anderer Krankheiten. Dann heißt es plötzlich, die Gesunden und die Geimpften mit einem Gesundheitspass dürfen alles, aber die anderen werden wegesperrt. Ich befürchte diese Entwicklung, da jetzt schon einige ÖVP-Spitzen sagen, es muss diese Impfpflicht geben. Und ein Landeshauptmann Schützenhöfer sagt es offen heraus: Manche Menschen muss man zu ihrem Glück zwingen. Es gibt Systeme, die Menschen zu „ihrem Glück zwingen“, aber die nennt man Diktatur.

Wenn der Impfzwang kommen sollte, wie wollen Sie diesen zivilen Ungehorsam organisieren? Über einen Aufruf zum Impfboykott?

Hofer: Nein, kein Aufruf: Ihr sollt euch nicht impfen lassen. Das ist eine persönliche Entscheidung. Und ich bin mir sicher, dass die meisten Österreicher einem Impfzwang nicht Folge leisten werden. Wir werden an sie appellieren und sie dabei unterstützen, sich keinem Zwang zu unterwerfen.

Die Situation erinnert an jene 2015. Damals war die Regierung überfordert mit der Masseneinwanderung, jetzt ist es Schwarz-Grün mit der „Corona-Krise“. Die Staatsverschuldung galoppiert mit den „Corona-Hilfen“ in Richtung griechische Verhältnisse, ohne dass mit diesen Milliarden der Wirtschaft geholfen und der Anstieg der Arbeitslosigkeit gestoppt wird. Mit wem könnte die FPÖ diese Entwicklung stoppen, wenn die Partei bei den nächsten Wahlen als Koalitionsoption zur Verfügung steht?

Hofer: Es gibt für uns keine Koalitionspräferenz. In der Politik muss man gestalten wollen. Wir haben in der Regierung bewiesen, dass wir das können. Wir haben in dieser Zeit wesentlich mehr bewegt als die Regierungen davor. Aber die Zeiten haben sich geändert, und es hängt einzig davon ab, welche Mehrheiten die Wähler am Wahltag möglich machen. Ich will mir schon die Option offenhalten, mit allen Parteien zu verhandeln. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass auch die SPÖ umdenken wird, ja umdenken wird müssen. Denn sonst wird sie immer nur einen Koalitionspartner haben. Und das ist jener Koalitionspartner, mit dem es besonders schwierig ist, die ÖVP.

Sie halten sich auch die Option einer Koalition mit der SPÖ offen?

Hofer: Man sollte so verhandeln, dass man auch eine Alternative hat und sich nicht von einem Partner erpressen lassen kann.

Rückblickend betrachtet hat Ihr Vorgänger im „Ibiza“-Video mit dem Meinungskauf bei der „Kronen Zeitung“ und den „Parteispenden“ das angeschnitten, was die ÖVP umgesetzt hat: Der Busenfreund des Kanzlers hat sich bei der „Krone“ eingekauft, und Parteispenden sind in erster Linie an die ÖVP geflossen. Aber den berühmten Scherm hat die FPÖ auf, die ÖVP scheint völlig unbeschadet davonzukommen. Weshalb?

Hofer: Unser Problem war nicht „Ibiza“. Wir waren trotz „Ibiza“ am besten Weg, zweitstärkste Partei bei der Nationalratswahl zu werden. Verhindert hat das dann die Spesenaffäre. Wir haben daraus die Lehre gezogen und sichergestellt, dass das nicht mehr passieren kann. Und wir werden die FPÖ auf gesunde finanzielle Beine stellen, damit wir jederzeit in einen Wahlkampf gehen können, ohne vom Wohlwollen der Banken abhängig zu sein. Denn das ist ja auch schon wieder eine Form der Abhängigkeit. Dazu brauchen wir keine Großspenden, sondern müssen nur vernünftig wirtschaften. Und dass wir das können, haben wir ja auch schon bewiesen.

In den Medien wird in regelmäßigen Abständen die Obmann-Frage gestellt, befeuert durch die „Aufgabenteilung der Doppelspitze“: der gemäßigte Norbert Hofer und der angriffige Klubobmann Herbert Kickl. Ist das ganze nur ein Verständnisproblem der Medien?

Hofer: Gemäßigt trifft auf mich zu, was die Wortwahl anbelangt. Das ist mein Naturell, und der Erfolg bei der Bundespräsidentenwahl war, dass ich mich nicht verstellt habe. Und man darf ja auch nicht vergessen, dass eine Basis für den Erfolg der Partei unser neues Parteiprogramm war, für das ich verantwortlich bin. Mein Stil ist es eben, in der Sache selbst sehr geradlinig zu sein. Das war auch in meiner Zeit als Regierungskoordinator notwendig, damit die „blaue Handschrift“ in der Regierungsarbeit zu erkennen war. Es ist nur gelungen, unsere freiheitlichen Positionen durchzusetzen, wenn man in der Koordinierung klug verhandelt. Und das ist durchaus gelungen. Manchmal sogar zu sehr, wie die Medien angemerkt haben.

Also wird diese „Differenz“ an der Wortwahl abgeleitet?

Hofer: Es gibt keine Differenz, inhaltlich. Jeder ist auf seine Art und Weise authentisch.

Wie sieht Ihr Ausblick auf das kommende Jahr aus, wohin sehen Sie die Partei und das Land sich entwickeln?

Hofer: Wenn man nach den Umfragen geht, ist es mein Ziel, mit der Partei über die 20-Prozent-Marke zu kommen. Dieses Ziel zu erreichen, macht mir weniger Sorgen als die Entwicklung Österreichs. Wenn dieses Regierungs-Chaos so weitergeht – und ich fürchte, das wird so weitergehen –, dann ist der Schaden für das Land wirtschaftlich riesengroß. Viele Betriebe werden einfach nicht mehr aufsperren. Wir wissen bereits, dass in den Bereichen Gastronomie und Kultur in den kommenden beiden Jahren rund ein Drittel der Betriebe zusperren wird. Im Schnitt wird es jeden zehnten Betrieb im Land treffen. Und jetzt kommt noch dazu, dass die EZB bei der Vergabe der Kredite „regelnd“ eingreifen und energieintensive Unternehmen „bestrafen“ will. Das heißt im Klartext, die Industrie wird vertrieben. Was bringt das, wenn man etwa die voest-alpine aus Oberösterreich vertreibt? Die Produktion und damit auch die Arbeitsplätze gehen dann nach China. Und weil dort die Umweltauflagen nicht so hoch sind, wird damit auch nicht das Klima „gerettet“. Es wird sehr lange dauern, bis sich unser Land von der „Arbeit“ dieser Regierung erholen wird.

Also Gefahr droht nicht nur von Innen, sondern auch von Außen, der EU?

Hofer: Der „Green Deal“ der EU samt dem Eintritt in die Schuldenunion mit dem „Wiederaufbaufonds“ und den Anleihenkäufen der EZB ist ein Pyramidenspiel, das in einem riesigen Krach enden wird. Daher ist es für mich wesentlich, dass Österreich – und das machen wir bereits als Partei – mit jenen Staaten zusammenarbeitet, die ich als die „Kräfte der Vernunft“ bezeichnen möchte. Das sind unsere mitteleuropäischen Nachbarn, insbesondere die Visegrad-Länder. An Deutschland, mit einer Frau Merkel an der Spitze, können wir uns nicht mehr orientieren.

Ihr persönlicher Wunsch für 2021?

Hofer: Die FPÖ mit mehr als 20 Prozent und ein rasches Ende des sogenannten „besten aus zwei Welten“, das in Wahrheit bereits ein „Krieg der Welten“ ist.


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